Jan 092007
 

Die Russen haben uns wieder einmal einen Teil der Energieversorgung abgedreht. Nach Problemen mit Erdgaslieferungen über die Ukraine haben sie dieses Mal die Erdölversorgung über Weißrussland und Polen abgeklemmt. Und schon bricht – unsinnig wie beim letzten Mal – eine Diskussion über die Notwendigkeit der Aufhebung des Ausstiegs aus der Kernenergie los. Getarnt wird die ganze Angelegenheit immer als Argumentation für einen „ausgewogenen Energiemix“, welcher dafür sorgen solle, die energiepolitische Abhängigkeit von Russland zu vermindern.

Dabei gibt es gute Gründe, die gegen die Verknüpfung der aktuellen Situation mit einer Debatte über die Kernenergie sprechen:

  1. Erdöl als Energieträger wird in Deutschland vornehmlich zum Betrieb von Verkehrsmitteln oder zum Heizen verwendet. In dieser Funktion ist Erdöl durch Kernenergie nicht zu ersetzen.
  2. Kernenergie wird zur Produktion von Strom verwendet. Die Abhängigkeit vom Öl in der Stromproduktion ist jedoch nicht existent, folglich kann Atomstrom hier den nicht vorhandenen Ölstrom auch nicht ersetzten.
  3. Der wichtigste Lieferant Deutschlands für Uran ist Russland. Wie man also durch einen Wechsel vom russischen Erdöl zum russischen Uran die energiepolitische Abhängigkeit von diesem Staat erreichen möchte, ist nicht wirklich einsichtig.

Folglich handelt es sich bei der unter anderem von Angela Merkel angestoßenen Diskussion um einen sehr offensichtlichen Versuch, den Ausstiegsbeschluss aus der Atomenergie mit fragwürdigen Argumenten doch noch zu Fall zu bringen. Dieses ist auch im Hinblick auf die Diskussion über das Oligopol im Strommarkt nicht nachzuvollziehen. Die Atomenergie ist aufgrund der Finanzierungsstruktur für Kernkraftwerke eine Energieform, die prinzipiell nur für sehr große Energieversorger umsetzbar ist. Damit wird das Oligopol der Stromversorger und damit der Missbrauch der Marktmacht zu unberechtigten Preiserhöhungen gestärkt, anstatt dieser Entwicklung entgegen zu wirken.

Wer die Aufteilung der Bundesrepublik in vier Stromversorgerzonen aufbrechen möchte, wer einen wirklichen Strommarkt mit Wettbewerb etablieren will, sollte den Schwerpunkt darauf legen, dass Strom regional oder gar lokal in kleineren Kraftwerken erzeugt wird. Und diese Kraftwerke müssen nicht einmal ineffektiver sein als die Gigawatt-Monster mit dem hohen Risikopotential. Denn anstelle über große Kühltürme die Abwärme ungenutzt in die Umwelt abzustrahlen, nutzen beispielsweise Blockheizkraftwerke die Abwärme zur Wärmeversorgung und erzielen nicht nur so einen extrem hohen Wirkungsgrad.

Schließlich macht es auch keinen Sinn, die Gegner der Energiegewinnung durch Kernspaltung als fortschrittsfeindlich darzustellen. Kernenergie ist keine moderne Form Stromversorgung, sondern ein technologischer Dinosaurier. Selbstverständlich finden auch hier noch Entwicklungen statt, doch diese gibt es in Bereichen der Windenergie, der Solarenergie, bei Energie aus Biomasse oder bei anderen regenerativen Energien auch. Auch die Forschung am CO2-freien Kohlekraftwerk ist auf einem guten Wege. Wir können uns – sehr fortschrittsfreundlich – durchaus entscheiden, im Bereich dieser Zukunftstechnologien zu forschen. Fortschrittsfeindlich ist also eher das verzweifelt Festhalten an einer Energieform, für die Otto Hahn bereits 1938 die Grundlagen legte.

FDP-Bundesvorsitzender Guido Westerwelle

Übrigens hatte der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle heute auf dieselbe Art und Weise beim Neujahrsempfang der FDP Schleswig-Holstein in der Halle 400 in Kiel die Abkehr vom Atomausstieg gefordert. Er wird sich allerdings wohl ein wenig gewundert haben, weshalb die Reaktion auf diesen Teil seiner Rede so verhalten war. Vielleicht hat er einfach nicht gewusst, dass unser Landesverband als einziger in der FDP den Ausstieg aus der Kernenergie befürwortet. Diese Entscheidung wurde zuletzt bei der Verabschiedung eines Leitantrages zur Energiepolitik auf dem letzten Landesparteitag in Rendsburg am 2. Dezember 2006 noch einmal bekräftigt. Die FDP Schleswig-Holstein war aber dem Bundesverband schon öfter in der Zeit ein wenig voraus…

  3 Antworten zu “Kernenergie als Antwort? – Falsch, unsinnig und überflüssig!”

  1. Seit den Erfahrungen der letzten Wahlen ist meine Skepis gegenüber Umfragen und Wahlprognosen immer weiter gesunken. Zumal dann, wenn man die Art und Weise kennt, mit der solche Ergebnisse ermittelt werden, und weiß, dass sich immer mehr Wähler erst kurz

  2. Bioenergie aus nachwachsenden Rohstoffen gilt als eine Möglichkeit, dem Wahnsinn der Energie aus Kernspaltung und der Abhängigkeit vom Öl entkommen. Und in diesem Zusammenhang dreht sich die Diskussion auch des öfteren um ethische Probleme, die entstehen,

  3. Wie ich erst am 9. Januar unter der Überschrift „Kernenergie als Antwort? – Falsch, unsinnig und überflüssig!“ schrieb, ist der FDP-Landesverband in Schleswig-Holstein der einzige der Bundespartei, der ohne Wenn und Aber zum Ausstieg aus der Kernenergie s

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