In der letzten Zeit wurde ja des öfteren der Eindruck erweckt, dass nur Ökoextremisten und weltfremde Spinner sich gegen die so genannte „grüne“ Gentechnik zur Wehr setzen würden. Auch die schleswig-holsteinische FDP-Bundestagsabgeordnete Christel Happach-Kasan versuchte Lobbyarbeit für die Gentechnik-Konzerne zu leisten, beispielsweise indem sie die Haftungsfrage zu deren Gunsten zu drehen versuchte oder die Abstandsregeln für Genpflanzen aufweichen wollte. Weiterhin versuchte sie, die Verbreitung genmanipulierter Pflanzen als Umweltschutz zu verkaufen. Schlussendlich soll vor allem der Eindruck erweckt werden, die konventionell wirtschaftende Landwirtschaft stehe geschlossen und vor allem kritiklos zum Einsatz der Gentechnik.
Dass dieses bei weitem nicht so ist, verdeutlicht der Artikel „Grüne Gentechnik – überflüssig und gefährlich“ von Karsten Jennerjahn des Präsidenten des Bauernbundes Brandenburg e.V., den ich heute bei Genfood gefunden habe. Jennerjahn, der einem Bauernverband vorsteht, der sich selbst als „christlich – konservativ – heimatverbunden“ bezeichnet, der selbst einen konventionellen Bauernhof von 380 Hektar bewirtschaftet, schreibt demzufolge in der Bauernzeitung:
Nur eine kleine Zahl sogenannter innovativer Landwirte fordert medienwirksam Erleichterungen für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen. Andererseits befinden wir uns mit unserer Ablehnung in einer Front mit Grünen, Verbraucher- und Umweltschützern – mit Gruppen also, die in der Vergangenheit nicht immer unsere Freunde waren. Deshalb: Wir müssen in der öffentlichen Diskussion unsere eigenen Gründe deutlicher formulieren und artikulieren. Das will ich hier versuchen.
Mit dieser Aussage wird klar:
1. Dieser Mann kämpft mit sich selbst, fühlt sich in einer gemeinsamen Front mit Grünen, Verbraucher- und Umweltschützern sichtlich unwohl. Erkennbar haben wir es mit keinem radikal-ökologischen Spinner zu tun.
2. Er selbst sieht selbst unter konventionellen Landwirten die Befürworter der so genannten „grünen“ Gentechnik klar in der Minderheit.
In seinen Augen stellt sich also die Situation ganz anders dar, als uns Konzerne wie Mosanto oder ihre Lobbyisten glauben machen wollen. In seinen Augen hat das auch gute Gründe:
Den fehlenden Vorteilen in der Produktion stehen viele offen Fragen gegenüber: So weigern sich die Hersteller nach wie vor, die Produkthaftung zu übernehmen. Die Haftung bleibt beim Anwender hängen, was völlig unüblich ist und nicht gerade für die Unbedenklichkeit der Produkte spricht. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass gentechnisch veränderte Pflanzen sich auf bestimmte Anbauflächen begrenzen ließen.
Und weiter:
Leider ist die Haftungsfrage nicht das einzige rechtliche Problem, das die Grüne Gentechnik für die praktische Landwirtschaft bereit hält, auch wenn sich die politische Diskussion derzeit ausschließlich darum dreht. Mindestens ebenso schwerwiegend ist die Tatsache, dass sich die Hersteller durch das Patentrecht eine dauerhafte Verfügungsgewalt über die Produkte sichern, auf jeden Fall deutlich über die einmalige Aussaat hinaus. Das spielt bei Mais noch keine große Rolle, bei Raps umso mehr. In den USA werden Landwirtschaftsbetriebe bereits dann zur Zahlung von Nutzungsgebühren gezwungen, wenn sich gentechnisch veränderte Pflanzen auf deren Flächen nachweisen lassen. Die Gerichte machen keinen Unterschied, ob die Saat bewusst nachgebaut wurde, bei der letzten Ernte ausgefallen oder vom Feldnachbarn rübergeweht ist.
Schlussendlich erkennt er richtig, dass es darum geht, ob die Landwirte selbständig bleiben oder in Abhängigkeit der Gentechnikkonzerne geraten:
In den kommenden Jahren wird es darum gehen, wer profitiert: die Landwirte, die bis heute durchgehalten und ihre Betriebe entwickelt haben – teilweise unter schwierigen Bedingungen und großen Entbehrungen wie vor allem in der Milchviehhaltung – oder aber die Industrie. Je mehr Landwirtschaftsbetriebe sich durch die Gentechnik in Abhängigkeit von den Konzernen begeben, desto schlechter werden unsere Karten in diesem Spiel. Bei der Abwehr der Grünen Gentechnik handelt es sich um eine Schlüsselfrage der unternehmerischen Freiheit unserer Betriebe, die mindestens ebenso wichtig ist wie die Zurückdrängung der Bürokratie.
Und damit sind seine Forderungen mehr als stringent:
Erstens müssen Lebewesen aus dem Patentrecht herausgenommen werden. In eine Pflanze, die vom Herrgott gebührenfrei mit etwa zehntausend Genen ausgestattet wurde, ein neues Gen einzubauen, ist wie beim Traktor eine Ventilkappe auszuwechseln. Es berechtigt nicht zu Verwertungsansprüchen über die einmalige Leistung hinaus. Zweitens muss die Produkthaftung komplett durch die Hersteller übernommen werden. Alles andere ist Betrug. Auf keinen Fall darf die Haftung auf die Landwirtschaftsbetriebe abgewälzt oder von der Gesellschaft übernommen werden, um eine angebliche Hochtechnologie zu fördern.
Angesichts solcher Aussagen sollte Frau Happach-Kasan dringend noch einmal prüfen, ob sie weiterhin als Lobbyistin für Gentechnikkonzerne auftreten will, oder ob sie sich in bester liberaler Tradition für selbständige mittelständische Unternehmen einsetzen möchte – auch in der Landwirtschaft.
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