Nov 232007
 

Der Deutsche Städtetag hat gestern und heute einen Kongress unter dem Titel „Bildung in der Stadt“ durchgeführt und im Anschluss daran eine „Aachener Erklärung“ (PDF) abgegeben. Darin fordert er unter anderem die Übertragung von Zuständigkeiten auf die Kommunen. Und befindet sich damit eindeutig auf dem richtigen Weg.

So erklärte der Celler Oberbürgermeister und stellvertretende Vorsitzende Dr. h.c. Martin Biermann:

Auf der kommunalen Ebene werden die Grundlagen für berufliche Perspektiven und gesellschaftliche Teilhabe junger Menschen sowie für die Zukunftsfähigkeit der Regionen gelegt. Deshalb müssen die Länder den Kommunen mehr Gestaltungsspielraum im Bildungsbereich verschaffen.
[…]
Die Städte kennen wegen ihrer Bürgernähe die örtlichen Verhältnisse am besten. Deshalb brauchen die kommunalen Schulträger größere Spielräume bei der Suche nach den jeweils passgenauen Lösungen. So sollte die Bildung von flexiblen Schulverbünden erleichtert werden, in denen Grundschulen, aber auch weiterführende Schulen zusammenarbeiten und ein möglichst präzise auf den örtlichen Bedarf zugeschnittenes Bildungsangebot entwickeln können.

Ähnliche Aussagen finden sich auch in der Aachener Erklärung wieder:

Ausgangspunkt für Bildungsprozesse in den verschiedenen Lebensphasen ist die kommunale Ebene. Hier entscheidet sich Erfolg oder Misserfolg von Bildung, werden die Grundlagen für berufliche Perspektiven, gesellschaftliche Teilhabe und gleichzeitig die Zukunftsfähigkeit einer Region gelegt. Die Städte prägen mit ihren vielfältigen Einrichtungen die Bildungslandschaft Deutschlands: Kindertagesstätten, Familienzentren, Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit, Schulen, Volkshochschulen und zahlreiche Kultureinrichtungen sind Eckpfeiler der öffentlichen Infrastruktur in der Bildung.

Die Verantwortung der Städte in der Bildung muss deshalb gestärkt werden.

Die Städte sollten Bildung als zentrales Feld der Daseinsvorsorge noch stärker erkennen und ihre Gestaltungsmöglichkeiten nutzen. Sie sind von Fehlentwicklungen in der Bildung ebenso betroffen, wie sie von den Erfolgen profitieren.

Leitbild des Engagements der Städte ist die kommunale Bildungslandschaft im Sinne eines vernetzten Systems von Erziehung, Bildung und Betreuung. Hauptmerkmale der kommunalen Bildungslandschaft sind:

  • Individuelle Potentiale des Individuums und deren Förderung in der Lebensperspektive sind Ausgangspunkt für die Organisation von Bildungs- und Lernprozessen. Kein Kind, kein Jugendlicher darf verloren gehen.
  • Die für Bildung zuständigen Akteure arbeiten auf der Basis verbindlicher Strukturen zusammen: Familie, Kinder- und Jugendhilfe, Schule, Kultur, Sport, Wirtschaft etc.
  • Eltern bzw. Familien werden als zentrale Bildungspartner einbezogen.
  • Übergänge werden nach dem Prinzip „Anschlüsse statt Ausschlüsse“ ermöglicht und gestaltet.
  • Die kulturelle Bildung wird als wichtiger Teil ganzheitlicher Bildung einbezogen.

Und:

Die Länder werden aufgefordert, kommunale Steuerungsmöglichkeiten insbesondere im Schulbereich zu erweitern und die Zuständigkeiten im Bereich der inneren und äußeren Schulangelegenheiten zugunsten der Kommunen neu zu ordnen. Zudem müssen sie die notwendigen finanziellen Rahmenbedingungen für ein erweitertes kommunales Engagement in der Bildung schaffen.

Dabei weist diese Erklärung noch nicht einmal auf die Vorteile der kommunalen Schulen hin, die – richtig umgesetzt – auch zu deutlich höherer Autonomie der einzelnen Bildungseinrichtunen führen. Das wird einfach schon aus der Tatsache resultieren, dass auf kommunaler Ebene Schulpolitik praktischer und unideologischer von Feierabendpolitikern unter direkter Einflussmöglichkeit von Schülern und Eltern statt fände. Und alle Untersuchungen zu diesem Thema weisen nach, dass die Selbständigkeit der Schulen sich proportional zu ihrer Bildungsqualität verhält.

Das gilt im übrigen auch für das finnische Bildungssystem, in dem die Schulen in kommunaler Verantwortung mit einer enorm hohen Autonomie geführt werden. Das gilt aber auch für Schulkonzepte wie Summerhill oder Sudbury, die entgegen landläufiger Meinung höchst erfolgreich sind und auch bei so genannten „Schulversagern“ erstaunliche Leistungspotenziale freilegen. In Deutschland jedoch werden weiterhin in bester Tradition Schulen zu Tode zentralisiert und gleichgeschaltet; Ideologie bleibt wichtiger als die Schüler in den Mittelpunkt zu stellen. Das gilt im übrigen sowohl für die Vertreter des gegliederten Schulsystems wie auch für die eines Einheitsschulmodells. Die Interessen und Bedürfnisse von Schülern und Eltern sowie die Möglichkeit einer Wahlfreiheit werden von beiden Seiten vernachlässigt oder bewusst verneint.

Die Umsetzung der Kommunalisierung der Bildungsverantwortung steht in der politischen Diskussion damit erst ganz am Anfang. Auch wenn sich in vielen Parteien die Stimmen derer mehren, welche die Kompetenzen dorthin verlagern möchten, wo sie im Interesse höherer Bildungsqualität wirklich hingehören und sie damit auch er ideologischen Auseinandersetzung auf Landesebene entziehen möchten, sind viele Parteien noch nicht einmal in die Diskussion eingestiegen.

Der FDP-Landesverband Schleswig-Holstein hat auf seinem letzten Landesparteitag am 29.September 2007 hingegen bereits über einen Antrag zur Einführung von Bildungsgutscheinen und zur Kommunalisierung der Bildungspolitik meines Ortsverbandes Eckernförde diskutiert. Leider hat es zu Beschlussfindung noch nicht gereicht und der Antrag wurde zur weiteren Beratung in den Landesfachausschuss Bildung überwiesen. Wir werden da am Ball bleiben!

  Eine Antwort zu “Mehr kommunale Verantwortung in der Bildung!”

  1. Gestern haben die verschiedenen Landtagsfraktionen die Ergebnisse der Schulreform in Schleswig-Holstein bewertet. Dabei haben die Regierungsfraktionen erwartungsgemäß eine positive Bilanz gezogen und damit deutlich gemacht, dass sie die konkrete Situation

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