Aug 242008
 

Die so genannte „Große Koalition“ in Schleswig-Holstein ist wirklich groß – großer Beschiss. Nun beabsichtigt diese Truppe aus schwarzen und roten Sozialdemokraten, einen verfassungsgemäßen Haushalt vorzutäuschen. Dafür möchte sie die Trennung zwischen konsumptiven und investiven Ausgaben aufweichen, indem sie diese gegenseitig deckungsfähig macht. Warum ist das problematisch?

Nun, das Problem liegt in Artikel 53 der schleswig-holsteinischen Landesverfassung begründet. Der lautet:

Die Aufnahme von Krediten sowie die Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen, die zu Ausgaben in künftigen Haushaltsjahren führen können, bedürfen einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Gesetz. Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder zur Überwindung einer schwerwiegenden Störung der Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung des Landes. Das Nähere regelt ein Gesetz.

Der von mir fett markierte Satz ist in diesem Zusammenhang der Interessante. Das Ziel, das über diese Regelung erreicht werden soll, ist eindeutig: Über Kredite dürfen nur Werte geschaffen werden, also Investitionen vorgenommen werden. So kann beispielsweise über Kredite ein Landesgebäude errichtet werden, weil den aufgenommenen Schulden und den dafür zu zahlenden Zinsen dann auch künftig ein Gegenwert in Form einer Immobilie entgegen stünde.

Kredite für konsumptive Ausgaben, also beispielsweise für Gehälter, verfügen in der Zukunft nicht mehr über einen Gegenwert. Wenn also die Mitarbeiter im Jahr der Kreditaufnahme ihre Dienstleitung erbracht hätten, wäre der Gegenwert verzehrt. Aufgrund des Kredites stünden aber in der Zukunft Tilgungen und Zinszahlungen an. Mit kreditfinanzierten konsumptiven Ausgaben wäre eine steigende Verschuldung verbunden, eine Überschuldung unseres Gemeinwesens absehbar. Der Verbrauch des Geldes fände heute statt, die Begleichung der Schulden würde kommenden Generationen übertragen.

Deshalb setzt die Landesverfassung voraus, das der Kreditaufnahme für einen verfassungsgemäßen Haushalt Investitionen in mindestens gleicher Höhe entgegen stehen. Wenn nicht – ja wenn nicht! – diesem hehren Ziel eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder eine schwerwiegenden Störung der Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung des Landes entgegen stehen. So hat man in der Vergangenheit in schöner Regelmäßigkeit eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts verkündet und den Weg in den Schuldenstaat fortgesetzt.

Diese Argumentation wird nun schwierig: Die Arbeitslosenzahlen sinken, die Steuereinnahmen steigen. Stellte die Landesregierung also jetzt eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts fest, müsste man konstatieren, dass es sich nicht um eine Störung handelt, sondern dass die Störung der Normalzustand wäre. Dann müsste man tatsächlich an die Strukturen des Landeshaushalts ran, also richtig politische Arbeit verrichten.

Das möchte die Landesregierung natürlich um jeden Preis vermeiden und hat sich deshalb etwas neues einfallen lassen, nämlich die gegenseitige Deckungsfähigkeit. Das bedeutet, dass man für konsumptive Ausgaben geplante Haushaltsposten auch für Investitionen verwenden kann und – viel wichtiger und das eigentliche Ziel! – für investive Ausgaben geplante Haushaltsposten für konsumptive Ausgaben. Damit kann die Landesregierung Konsumausgaben als Investitionen einplanen, formal dem Kriterium der Verfassungsmäßigkeit entsprechen und das Geld hinterher konsumptiv verbraten.

Und ganz nebenbei wird damit noch das grundlegende Recht des Parlaments ausgehebelt, den Haushalt aufzustellen und seine Einhaltung zu kontrollieren. Denn ganz egal, was das Parlament in den Haushalt schreibt, die Landesregierung könnte diese Vorgaben ignorieren und in eigenem Ermessen handeln.

Alles das kritisiert der FDP-Landtagsabgeordnete Dr. Heiner Garg in seiner Stellungnahme vom Freitag und fordert richtigerweise:

Ich fordere die Fraktionen von CDU und SPD eindringlich auf, diese Selbstentmachtung nicht hinzunehmen. Das Haushaltsrecht muss weiterhin das ureigene Recht des Parlaments bleiben. Ansonsten können wir uns die gesamte Haushaltsberatung sparen.

Aber wer glaubt eigentlich immer noch, dass das Parlament unter dieser Landesregierung irgendeine Rolle spielt? Die Abgeordneten der roten und schwarzen Sozialdemokraten im Landtag haben doch bereits lange jede Selbstachtung und selbst geringste politische Ansprüche an sich selbst verloren…

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