Aug 272008
 

… dann gibt er gern eine Presseerklärung heraus. So stellt heute der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion unter Beweis, dass er bezüglich fachlicher Zusammenhänge im Bereich moderner Kommunikationstechnologie komplett kenntnisbefreit ist. Dabei spielt es keinen Rolle, dass er damit in einer Liga mit dem BKA-Panikbeauftragten Ziercke spielt. Wäre der Hintergrund nicht so ernst, müsste man ob der folgenden Mitteilung in lautes Gelächter ausbrechen:

Peter Lehnert: Kinderpornographische Internetseiten müssen gesperrt werden!

Zur heutigen Forderung des Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, Internetprovider gesetzlich zur Sperrung von Angeboten mit kinderpornographischen Inhalten zu verpflichten, erklärt der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Peter Lehnert: „Die Forderung des BKA-Präsidenten findet unsere volle Zustimmung. Der heute vorgestellte Bundeslagebericht Organisierte Kriminalität enthält die erschreckende Erkenntnis, dass sich der Vertrieb kinderpornographischer Bilder und Videos in Deutschland zwischen 2006 und 2007 mehr als verdoppelt hat. Zu betonen ist daher die Bedeutung technischer Zugangssperren, wie sie bereits in vielen anderen Ländern eingesetzt werden. So könnte das so genannte ‚Access Blocking‘ einen entscheidenden Beitrag zur Bekämpfung des sich rasant ausbreitenden Handels mit Kinderpornographie leisten“, erklärte Lehnert heute in Kiel.

Immerhin ist es Lehnert gelungen, das Wort „Zugriffssperre“ durch die englische Formulierung „Access Blocking“ zu ersetzen, um so etwas wie Fachkenntnis vorzutäuschen. Das ändert nichts daran, dass das von ihm geforderte Vorgehen im besten Fall nur wirkungslos ist und im schlechtesten Fall zusätzlich noch unnötig Kosten produziert. Da sich Kinderpornografie in der Regel nicht auf öffentlich zugänglichen Seiten befindet, sondern über verborgene oder zugangsbeschränkte Seiten verteilt wird, deren Adressen in der Szene kursieren, müssten die Provider Mitarbeiter in die entsprechende Szene einschleusen, um Seiten sperren zu können, die Otto Normalbürger nicht sieht.

Provider buchstabiert sich allerdings anders als Polizei. Auch wenn beide mit „P“ beginnen, gehört Ermittlung nicht zum Aufgabenbereich eines Dienstanbieters – verdeckte schon einmal gar nicht. Ein Provider ist auch nicht der verlängerte Arm der Staatsgewalt, der nur darauf wartet, staatliche Anordnungen umzusetzen. Hätte man das gewollt, hätte man die Telekommunikation weiter von der Deutschen Post regeln lassen können. Bei BTX hätte es die Probleme nicht gegeben.

Politisch passt dieses Verbots- und Sperrungsgeschrei hervorragend in die Landschaft einer von Schäuble-Demagogie weichgekochten Öffentlichkeit. Wahrscheinlich soll hier künftig – wie bei Telefon-, eMail-, VoIP- und Anschlussüberwachung sowie Vorratsdatenspeicherung bereits heute – den Providern die Finanzierung einer „Lösung“ aufgebürdet werden, die zum einen kaum effektiv und darüber hinaus verfassungsrechtlich äußerst bedenklich ist. Um solche Populismusmaßnahmen produzieren zu können, ist die möglichst vollständige Abwesenheit von Sachverstand vermutlich äußerst hilfreich.

Kommentare sind derzeit nicht möglich.