Gestern fanden zwei Landesvertreterversammlungen der FDP-Schleswig-Holstein statt, jeweils zur Aufstellung der Kandidaten für die Bundestagswahl und für die Europawahl. Der NDR berichtet darüber. In der Nachbetrachtung beider Veranstaltungen bleibt bei mir ein etwas zwiespältiges Gefühl zurück.
Zunächst einmal erhielt unser Landesvorsitzender Jürgen Koppelin auf Listenplatz 1 mit 92,4 Prozent ein überragendes Ergebnis. Ein besseres hat er in einem Landesverband, der seine „Großkopferten“ gerne einmal zurechtstutzt, wohl noch nie erzielt. Das beweist vor allem, dass der Landesverband seine Chancen in den kommenden Wahlen sieht und deshalb alles daran setzt, durch Geschlossenheit zum Ergebnis beizutragen.
Überhaupt nicht zufrieden bin ich – da mache ich aus meinem Herzen keine Mördergrube – mit der Wahl von Christel Happach-Kasan zur Kandidatin für Platz 2. Dass ich ihre politische Ausrichtung in den Bereichen der Gentechnologie und der Atomenergie für grundlegend falsch halte, daraus habe ich nie ein Hehl gemacht. Sowohl ihren Gegenkandidaten für Platz 2, Sebastian Blumenthal (jetzt Listenplatz 3), als auch unsere Kreisvorsitzende, Christine-Aschenberg Dugnus, auf Platz 4 halte ich für deutlich geeigneter, unseren Landesverband im Bundestag zu vertreten. Anerkennen muss ich allerdings, dass sich Frau Happach-Kasan in der Auseinandersetzung um den Listenplatz 2 bereits im ersten Wahlgang gegen 2 Gegenkandidaten durchsetzen konnte, wenn auch mit dem knappsten aller möglichen Ergebnisse: 100 Stimmen brauchte sie, 100 Stimmen erreichte sie.
Ein wenig enttäuscht war ich vom Angebot ab Listenplatz 5, also dem Fundus an Kandidaten, die durchaus im Nachrückverfahren noch in den Bundestag einziehen könnten. Keiner der Bewerber konnte mich wirklich durch seinen Auftritt überzeugen – Parteifreunde, denen ich das eher zugetraut hätte, traten nicht an. Andererseits muss ich auch feststellen, dass alle gewählten Parteifreunde bei den so genannten „großen Volksparteien“ das Niveau von deren Listen deutlich anheben würden. Da habe ich an meine eigene Partei einfach andere Ansprüche.
Enttäuscht war ich auch, dass Kirstin Funke nicht auf den Listenplatz 1 zur Europawahl gewählt wurde. Sie unterlag Britta Reimers – wohl auch deshalb, weil diese vom Landesvorsitzenden unterstützt wurde. Zwischen den Redebeiträgen beider Bewerberinnen lagen jedenfalls Welten. In der Wahl um den Listenplatz 2 setzte sie sich dann allerdings gegen Constantin Papaspyratos aus Kiel durch. Die Fragen aus der Versammlung an die Bewerber um diesen Listenplatz war vor allem deshalb erwähnenswert, weil der Kieler Jungliberale durch ein weiteres Mitglied der Julis eine verbale Blutgrätsche hinnehmen musste. Hier sollten wohl offenkundig alte Rechnungen innerhalb der Julis beglichen werden.
Alles in allem haben die Versammlungen ein gutes Ergebnis gebracht – allerdings aus meiner Sicht nicht das bestmögliche. Aber in einer demokratischen Partei muss man auch damit leben können, dass man nicht immer zur Mehrheit gehört. Jetzt geht es für uns in 2009 vor allem darum, mit einem gestärkten Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten die für Deutschland schädliche so genannte „Große Koalition“ endlich zu beenden und mit einem guten Ergebnis in Schleswig-Holstein den Grundstock dafür zu legen, auch die Versager in der Landesregierung 2010 endlich von der Macht zu entfernen. Dafür sind wir gut aufgestellt.
Ein paar Worte noch zum Vorschlag Jürgen Koppelins, die FDP solle eine Abkehr von der Forderung nach Studiengebühren vornehmen: Dieser Vorschlag ist durchaus diskussionswürdig. So habe ich bisher immer die Meinung vertreten, dass diejenigen, die später einen besser bezahlten Job durch das Studium erhalten, auch ruhig dafür bezahlen können – immer vorausgesetzt, sie erhalten dafür einen Kredit, den sie auch nur bei entsprechendem Einkommen begleichen müssen. Das Argument, mit höherem Einkommen zahle man später auch höhere Steuern und begleiche auf diese Art seine „Schulden“, ist allerdings nicht von der Hand zu weisen – ebenso wenig wie das, die Studiengebühren schreckten nachweislich einer Studie der Bundesregierung junge Menschen und dabei vor allem junge Frauen vom Studium ab. Ich werde also noch einmal in mich gehen müssen…
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