Jan 192009
 

… und offenkundig noch nie Wahlkampf gemacht: Jörn Perske kritisiert bei heise online die Präsenz der Parteien in Hessen nach der Schließung der Wahllokale.

Der Autor beschreibt zunächst, dass die Parteien auf ihren Websites auch am Montagvormittag […] so gut wie keine neuen Einträge und Reaktion veröffentlichen, um dann einen Politikwissenschaftler zu Wort kommen zu lassen:

„Das ist ein Zeichen mangelnder Professionalität und ein echter Fauxpas“, bewertete der Politikwissenschaftler Christoph Bieber vom Zentrum für Medien und Interaktivität (ZMI) der Universität Gießen. Er sprach von einem deutlichen Rückfall nach den vorangegangenen Zeiten intensiverer Nutzung. Dass die Parteien und Spitzenpolitiker ihre Seiten nicht auch nach der Wahl besser pflegen, bezeichnete er als „eindeutiges Versäumnis“.

Standard müsste es laut Bieber sein, sich bei den Anhängern zumindest für die Unterstützung zu bedanken, Bilder und Videos der Wahl-Partys einzustellen oder auch die Niederlage wie im Fall der SPD auf der Homepage einzugestehen. „Eigentlich hätte schon am Wahlabend frisches Material online gestellt werden müssen“, befand Bieber. Allein mit eventuell fehlenden personellen Kapazitäten sei die Internet-Müdigkeit nicht zu erklären. „Man hätte auch Einträge vorbereiten und zeitnah auf den Seiten platzieren können“, so Bieber.

Also, in der Sache eine durchaus richtige Bewertung. Aber sie berücksichtigt nicht, dass ein Wahlkampf – auch ein so kurzer wie in Hessen – bei allen Beteiligten an die Grenzen der Belastbarkeit geht. Die Hauptamtlichen schieben Überstunden, organisieren, telefonieren, erstellen Werbematerial, die Kandidaten haben Termine ohne Ende, geben Pressemitteilungen heraus und die Ehrenamtlichen kleben Plakate (und erneuern diese teilweise täglich), verteilen Flyer, führen Wahlkampfstände durch usw. usf. Letztere machen das selbstverständlich neben dem täglichen Broterwerb.

Das ganze Denken und Handeln ist dabei auf den Wahlabend um 18.00 Uhr ausgerichtet, danach fällt alles von einem ab – egal, ob dann Hochstimmung oder Katzenjammer angesagt ist. Und spätestens am nächsten Morgen ist da erst einmal eine Leere, man kann sich zu kaum etwas aufraffen. Und dabei steht einiges an: Plakate müssen abgeräumt werden, in zahllosen Meetings werden Analysen und Planungen durchgeführt. Aber eigentlich will man nur noch seine Ruhe haben, zumindest wenn es nicht lief, wie geplant.

All das entschuldigt die genannten Defizite nicht, kann sie aber zumindest zum Teil erklären. Der Faktor Mensch macht gerade an dieser Stelle die Perfektion annähernd unmöglich.

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