Feb 212009
 

Nachdem ich nach der Hessenwahl zunächst davon ausging, dass die Bundesführung zurückhaltend mit den neuen Möglichkeiten im Bundesrat umging, hat sich das in den letzten Tagen ein wenig gewandelt. Immer öfter entstand der Eindruck, die Bundesführung war der Meinung, sie könne zentral die Liberalen in den Landesregierungen mit FDP-Beteiligung steuern. Das musste in die Hose gehen.

Dabei ist unstrittig, dass die Bundesführung in der Sache Recht hat: Das Konjunkturpaket II wird weit mehr Schaden und Kosten verursachen, als es positive Auswirkungen haben kann – wenn es sich denn überhaupt positiv auswirkt. Dennoch war fast sicher damit zu rechnen, dass die Landesregierungen mit FDP-Beteiligung der Bundespartei nicht folgen würden.

Denn die Landesregierungen fühlen sich eben primär dem Bundesland verpflichtet, in dem sie in die Landesregierung gewählt wurden. Und die Bundesmittel werden vor allem auch helfen, in den Ländern finanzielle Löcher zu stopfen und Projekte anzustoßen, die sonst nicht zu wuppen gewesen wären. Es wäre vor Ort kaum zu vermitteln gewesen, darauf zu verzichten. Erahnen lässt sich das Dilemma an den Aussagen von Andreas Pinkwart:

Am Morgen bekundete dann aber die schwarz-gelbe Landesregierung Nordrhein-Westfalens Zustimmung – trotz anhaltender Bedenken der dort mitregierenden FDP. Das kündigte der stellvertretende nordrhein-westfälische Ministerpräsident Andreas Pinkwart (FDP) an, der selbst am Donnerstagabend noch Zweifel angemeldet hatte. Ihm falle die Zustimmung noch immer nicht leicht, betonte Pinkwart. Dennoch werde die FDP zustimmen.

Der Spielraum war wohl nicht so groß, wie er im Thomas-Dehler-Haus in Berlin eingeschätzt wurde – und damit auch nicht die Geschlossenheit über den Tellerrand landespolitischer Notwendigkeiten hinaus. Und so schrieb Zeit Online bereits am Donnerstag:

Kaum einen Vorwurf fürchtet FDP-Chef Guido Westerwelle so sehr wie den vom Umfallen. Lange Zeit wurde der FDP vorgehalten, ihr Fähnchen immer nach dem Wind zu hängen. In den vergangenen Jahren hat Westerwelle stets versucht, dieses Image durch große Geradlinigkeit zu bekämpfen.

Doch an diesem Freitag wird das böse Wort von der Umfaller-Partei wohl wieder die Runde machen. Obwohl die FDP lange Zeit angekündigt hatte, ohne weitere Steuererleichterungen werde sie dem zweiten Konjunkturprogramm der Bundesregierung nicht zustimmen, wird das Hilfspaket nun aller Voraussicht nach doch mit den Stimmen der schwarz-gelben Landesregierungen verabschiedet.

Und so kommt es statt wirklichen Nachbesserungen lediglich zu einem unverbindlichen Entschließungsantrag, einer Willensbekundung ohne Aussagekraft.

Von dem insgesamt acht Milliarden schweren Nachbesserungskatalog, mit dem die Liberalen ursprünglich in die Verhandlungen gezogen waren, wird im Bundesrat jedoch nur ein Entschließungsantrag übrig bleiben. Er hat lediglich appellatorischen Charakter.

Die FDP hat sich damit einigermaßen verzockt und auch blamiert. Nicht, weil sie das Falsche wollte. Sondern weil sie in der Berliner Zentrale den Eindruck vermittelte – und ihm womöglich auch selbst erlag –, es sei mehr möglich gewesen. Immerhin scheint man in Berlin zur Selbstkritik fähig zu sein. Zeit Online hierzu:

In der Bundes-FDP ist man nun doppelt vergrätzt. Über die eigene schlechte Koordinationsleistung auf der einen Seite, über die Union auf der anderen Seite.

Doch nicht nur die FDP hat ein Problem, den Unterschied zwischen der Meinung der Bundesführung und dem Verhalten der eigenen Landesregierungen zu vermitteln. Die Grünen stecken gemäß Spiegel Online im selben Dilemma:

Schwieriger ist es für Liberalen-Chef Guido Westerwelle, die zwei Positionen seiner Partei zu erklären. Und auch die in Bremen und Hamburg mitregierenden Grünen kämpfen weiter mit Widersprüchen: Schon kurz nach der Länderkammer-Sitzung meldet sich Bundestagsfraktionschef Fritz Kuhn zu Wort und beklagt die zu geringen Investitionsanteile des zweiten Konjunkturpakets.

Doch schlussendlich wird an den Grünen deutlich weniger hängen bleiben, als an den Liberalen. Denn die Grünen verraten ihre Prinzipien nur insofern, dass weniger Geld verschwendet wird, als sie eigentlich wollten. Die Liberalen hingegen wissen, dass sie hier gegen ihre eigene Überzeugung handeln. Das wird der eigenen Klientel schwieriger zu vermitteln sein. Insofern wäre es wirklich besser gewesen, voher deutlich weniger Tamtam zu machen. Denn nun ist der hämischen Bemerkung von Frau Künast nicht so leicht zu begegnen, die da lautet: „Westerwelle ist wieder mal als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.“ Das wäre wirklich vermeidbar gewesen…

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