Mrz 122009
 

Gegen den Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss (SPD) wird wegen des Besitzes von Kinderpornografie ermittelt. Er hat deshalb alle Ämter mit Ausnahme des Bundestagsmandats niedergelegt. Ich finde es immer noch schwer, den gesamten Vorgang zu beurteilen und einzuordnen. Besondere Sorge bereitet mir, dass Herr Tauss bisher als Kritiker des Überwachungswahns des Bundesinnenministers stark im Fokus stand und somit die Causa Tauss dem berechtigten Anliegen des Schutzes unseres Rechtsstaats schweren Schaden zufügen kann.

Wie gesagt, eine genaue Einordnung des Vorgangs bleibt schwierig. Ich wundere mich allerdings ebenso wie Herr Tauss in seiner Erklärung zu den Vorgängen darüber, dass die Durchsuchung seiner Räume im Bundestag bereits so stattfand, dass die Presse informiert und anwesend war. Dieses Vorgehen der Staatsanwaltschaft halte ich – wie auch in der Causa Zumwinkel – für rechtsstaatlich höchst bedenklich. Das gilt unabhängig davon, wie man das Verhalten der Verdächtigen – und nichts weiteres sind beide zu Beginn der Ermittlungen gewesen – rechtlich zu bewerten hat. Die Einladung der Medien zu solchen Aktion führt in der Regel zu einer öffentlichen Vorverurteilung.

Den teilweise geäußerten Vermutungen, es handle sich bei der Ermittlung gegen ihn um eine Art Verschwörung gegen ihn, steht Herr Tauss – für mich überraschend – sehr skeptisch gegenüber. Das ist deshalb interessant, weil sie eine wirksame Verteidigungsstrategie für ihn darstellen könnten. Diese Skepsis könnte allerdings auch daher rühren, dass er selbst diese Argumentation nicht für tragfähig in einem Prozess hält.

Besonders interessant ist allerdings die folgende Aussage in seiner Erklärung:

Natürlich sind Abgeordnete keine Polizisten, wie Sie und Ihre Kollegen richtig kritisiert haben. Aber, wie sollte ich anders zu unverfälschten Erkenntnissen über die tatsächlichen Verbreitungswege kommen, da ich mich in dieser speziellen Frage etwa auf das BKA nicht verlassen wollte: Nicht erst seit dem bereits erwähnten Auftritt des BKA-Präsidenten im Deutschen Bundestag und meiner Teilnahme bei der Herbsttagung 2007 in Wiesbaden zu diesem Thema, hat sich bei mir der Eindruck verfestigte, dass das BKA das Thema Kinderpornographie auch dazu nutzt, neue Kompetenzen und Zuständigkeiten politisch durchzusetzen. Längst ist das BKA hier Partei und keine neutrale Beratungsinstanz mehr für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages.

Das deckt sich eindeutig mit meiner Wahrnehmung eines Redebeitrags von Herrn Zierke beim 2. Eckernförder Winterdinner, der nur noch als rhetorisch geschulte Hetzkampagne im Auftrag des Bundesinnenministers gelten konnte. Der BKA-Präsident hat dabei ohne jede Abwägung der Grundrechte – die er im Laufe seines Vortrages allerdings regelmäßig vorgetäuscht hat, um sie anschließend zu diskreditieren – knallhart für die Abschaffung eines freiheitlichen Rechtsstaats argumentiert. Bei allem Zweifel an der Argumentation von Herrn Tauss und seinem Vorgehen: Dieses Argument ist und bleibt glaubwürdig.

Ich schließe mich weiterhin der Aussage von Herrn Tauss an:

Stattdessen aber wird die Öffentlichkeit in einer Weise informiert, die nicht nur nach meinem Eindruck als Betroffener einem fairen, rechtsstaatlichen Verfahren widerspricht.

Das ändert nichts daran, dass Herr Tauss, wenn er gegen Gesetze verstoßen hat, entsprechend zu belangen ist. Und es ändert auch nichts daran, dass ich will, dass Herr Tauss, wenn er denn ein Pädophiler sein sollte, entsprechend hart bestraft werden sollte.

Wichtig ist aber auch – und hier stimme ich Herrn Tauss ebenfalls zu: Die vom BKA, Bundesinnenminister und Bundesfamilienministerin betriebenen Maßnahmen sind nicht nur wirkungslos in der Bekämpfung der Kinderpornografie (und damit für den Steuerzahler und die betroffenen Unternehmen sinnlose Geldausgaben), nein, sie schädigen unseren Rechtsstaat in massiver Form.

(via: netzpolitik.org)

  2 Antworten zu “Ein paar Gedanken zur Causa Tauss”

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