Sep 052009
 

Der Wähler scheint das meist unterschätzte Lebewesen der Welt zu sein: Nachdem bei den letzten Wahlen die Linien der Politik richtig klar gewesen zu sein scheinen, sich so genannte „politische Lager“ gebildet und die Wähler sich darin eingerichtet hatten, ist in diesem Wahlkampf alles anders.

In der Vergangenheit waren wir immer gut ausgerüstet mit Wahlprogrammen, typischen Werbemitteln und was man sonst noch so an den Infoständen mit sich führt. Mit meisten Mitbürgern kam man sehr schwer ins Gespräch. Die wenigen, die von sich aus an den Stand kamen, hatten entweder ein konkretes Anliegen oder aber sie wollten ihre Zustimmung oder überdeutliche Ablehnung loswerden. Und diejenigen, die man selbst ansprach, waren entweder desinteressiert an Politik, „nicht von hier“ (Besonders kreative Ausrede bei Bundestags- oder Europawahlen!) oder hatten sich bereits auf ihre Partei festgelegt. Deshalb durften wir den größten Teil der gedruckten Wahlprogramme oder ihrer Kurzversionen nach dem Wahlkampf entsorgen, weil die Nachfrage deutlich geringer als das Angebot war.

Das hatte in diesem Jahr dazu geführt, dass wir darauf verzichtet haben, über die Flyer hinaus weitergehende Informationen am Stand vorzuhalten. Und das ist schlichtweg ein Fehler gewesen. In diesem Wahlkampf kommen viele Menschen an den Stand, weil sie sich aktiv informieren wollen. Sie sind sich nicht sicher, welche Partei sie wählen werden, fragen konkret zu bestimmten Themen und vor allem nach Programmen. Wir werden also für die nächsten Wochenenden beim Informationsmaterial nachlegen müssen.

Besonders deutlich bei den Nachfragen der Menschen bei uns am Stand wird auch, woher der Informationsbedarf kommt. Häufigste Aussage ist: „Was ich beim letzten Mal gewählt habe, kann ich dieses Mal nicht wieder wählen.“ Ein deutliches Zeichen, dass die inhaltliche Verbiegung von CDU und SPD in der gemeinsamen so genannten „Großen Koalition“ ihre bisherigen Wähler entfremdet hat. Wie zum Beweis hatten wir heute die Nachfrage eines Mitbürgers, deutlich in der zweiten Hälfte seines Lebens, nach einem Mitgliedsantrag: „Bisher war ich Stammwähler der CDU. Aber die kann man ja nicht mehr wählen.

Dieses Verhalten ist gut für die Demokratie, weil es zeigt, dass die Bürger eben doch interessiert, ob die Parteien halten, was sie vor der Wahl versprechen. Und sie nehmen der Politik Wahllügen wie die Verhinderung der „Merkelsteuer“ (SPD, Bundestagswahl 2005) oder den Erhalt des gegliederten Schulsystems (CDU, Landtagswahl 2005) übel. Der Souverän lässt sich nicht auf der Nase herum tanzen.

Wenn wir – was uns Politikern gern einmal passiert – im Moment nicht einer Autosuggestion unterliegen; wenn also das Wahlergebnis tatsächlich in die Richtung tendiert, die der Stimmung am Wahlstand entspricht, dann wird die FDP sowohl bei der Bundestags-, mehr aber noch bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein ein sehr gutes Ergebnis hinlegen. Und das ist auch gut so.

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