Nov 142010
 

Vor einigen Tagen habe ich den dritten Teil des Artikels zum Schulgesetz im Landesblog veröffentlicht. Nachfolgend habe ich ihn aufgeführt. Die Kommentare sind hier im Blog gesperrt, weil sie zum Originalartikel gehören.


Nachdem ich im ersten Teil dieser Serie zunächst die Ausgangssituation an den Schulen beschrieben habe, stellte Teil 2 dar, wie das Bildungsministerium auf diese Situation zu reagieren gedenkt. Dargelegt habe ich auch, welche Aspekte der Debatte nicht über das Schulgesetz geregelt werden. In diesem dritten und letzten Serienteil versuche ich nun eine Bewertung des vorliegenden Entwurfs und weiterer Maßnahmen der Landesregierung sowie der Reaktionen ihres politischen Mitbewerbs. Den Bereich der Förderung nichtstaatlicher Schulen habe ich das zwischenzeitlich bereits in einem gesonderten Artikel abgehandelt.

Die Bewertung der geplanten Änderung des Schulgesetzes wird selbstverständlich wesentlich vom Blickwinkel auf die Bildung bestimmt. Liegt der Schwerpunkt auf möglichst hohen eigenen Entscheidungskompetenzen der Schulen vor Ort, so wird die Bewertung eine andere sein, als wenn im Mittelpunkt eine einheitliche Regelung für sämtliche Schulen im Land steht. Schwierig ist die gesamte Debatte deshalb, weil sie im hohen Maße ideologisiert ist, Zwischentöne fast gar nicht zulässt und ein Eingehen auf Argumente der jeweiligen Gegenseite einigermaßen unüblich zu sein scheint. Es scheint nur noch um gut und böse, um richtig und falsch zu gehen – Kompromisse scheinen fast ausgeschlossen.
Das neue Schulgesetz regelt kaum Dinge wesentlich neu oder gar grundlegend anders als das bisherige. Es schafft im Wesentlichen einige Freiräume für die Schulen. Der daraufhin entbrannte Protest nimmt Chancen kaum zur Kenntnis und versucht stattdessen, einen längst beendeten „Kulturkampf“ pro oder contra Gemeinschaftsschule neu anzufachen. Dabei ist die Entscheidung für Gemeinschaftsschulen längst gefallen. Wer der Debatte aufmerksam folgt, kann die Anfänge der Abkehr von der Schulform Regionalschule kaum verkennen. Soll die Gemeinschaftsschule allerdings akzeptierte Schulform für alle Schüler werden, die nicht das Gymnasium besuchen, muss sie sich deren Eltern strukturell öffnen können und anpassungsfähig für konkrete Bedürfnisse vor Ort sein.

Hilfreich wäre eine Debatte, die nicht nach Sieg und Niederlage in diesem „Kulturkampf“ klassifiziert, sondern eine, die Raum dafür lässt, verschiedene Ansichten nebeneinander stehen zu lassen und die Möglichkeit zum Ausgleich gewährt. Und dafür scheint der Entwurf des Schulgesetzes eine gute Grundlage zu liefern. Dieses wird nachfolgend im Detail zu betrachten sein:

Integration und Inklusion
Mit dem neuen Schulgesetz wird der inklusive Unterricht zu einem erklärten Bildungs- und Erziehungsziel. Es weist inklusive Verfahren in § 4 ausdrücklich als vorrangig aus. In § 5 werden zusätzlich zu den Schülern mit Förderungsbedarf auch diejenigen mit Hochbegabung aufgeführt, wenn es um die Berücksichtigung besonderer Anforderungen im Unterricht geht. Das neue Schulgesetz zielt also nicht auf verstärkte Separation von Schülern ab, sondern darauf, Schüler verschiedener Leistungsniveaus möglichst gemeinsam zu beschulen und auf deren besonderen Bedürfnisse einzugehen, „soweit es die organisatorischen, personellen und sächlichen Möglichkeiten erlauben„. Gerade diese letzte Einschränkung beschreibt ein Problem, das zwar nicht Gegenstand des Schulgesetzes ist, aber dennoch maßgeblich für viele bildungspolitische Ansätze ist.

Schrägversetzung
Im alten Schulgesetz war eine Schrägversetzung vom Gymnasium an eine Gemeinschaftsschule nicht vorgesehen. Diese war lediglich an die Regionalschule möglich. Eine sachlich logische Begründung für die Festlegung, einem Schüler, der entgegen der Beurteilung der Grundschule den Anforderungen des Gymnasiums nicht gerecht wird, danach die freie Schulartwahl zwischen zwei im System gleichberechtigten Schularten zu verweigern, lässt sich schwerlich finden. Insofern ist es gut, dass diese Einschränkung mit dem neuen Schulgesetz aufgehoben wird.

Verpflichtende Zwischenabschlüsse
Die neue Regelung bezüglich der automatischen Erlangung von Zwischenabschlüssen am Gymnasium sowie an Gemeinschafts- und Regionalschulen vermindert den Verwaltungs- und Organisationsaufwand an den Schulen. Durch die Möglichkeit der Schulen, bei besonderem Bedarf diese Zwischenabschlüsse durch eine gesonderte Prüfung abzusichern, wird dennoch das Ziel des ursprünglichen Gesetzes erreicht, auf der einen Seite die Erlangung von Schulabschlüssen und auf der anderen Seite deren Wertigkeit sicherzustellen. Der neue Entwurf reagiert damit vor allem auf Klagen aus den Schulen über den Aufwand der bisherigen Regelung.

Örtlich zuständige Schulen
Bisher war es so, dass Gemeinschaftsschulen die Aufnahme weiterer Schüler ablehnen konnten, wenn die Nachfrage das Angebot überstieg. Künftig kann sie allerdings als zuständige Schule ausgewiesen werden und muss bei höherer Nachfrage weitere Klassenzüge einrichten. Auf diese Weise wird dem Elternwillen Rechnung getragen. Weiterhin wird es mit dieser Neuregelung demnächst möglich sein, das Angebot für Schüler mit Haupt- und Realschulempfehlung ohne die Einrichtung einer Regionalschule sicherzustellen. Durch die Möglichkeit, zuständige Schulen im Bereich anderer Schulträger auszuweisen, sinkt die Notwendigkeit, größere Schulverbände zu bilden. Ob diese Regelung wirklich notwendig ist, bleibt dahingestellt. Allerdings können so künftig auch bei Fortschreiten der demographischen Entwicklung kleinere Schulträger über die bestehenden Schulen weiter in eigener Verantwortung entscheiden, ohne das gesamte Angebot vorhalten zu müssen. Bis hierhin können die Änderungen als positiv angesehen werden.

Fragwürdig allerdings bleibt es, dass Wahlrecht der Eltern einzuschränken, indem die Schulaufsichtsbehörde zum „Zwecke der angemessenen Nutzung vorhandener Schulen“ Schüler einer bestimmten Schule zuweisen dürfen. Hier wurde eine Abwägung zwischen wirtschaftlichen Erwägungen des Schulträgers und der Wahlfreiheit der Eltern getroffen, die jeder für sich selbst beurteilen mag. Der Autor hält sie für falsch, auch wenn sie sich in der Tradition der bisherigen Bildungspolitik dieses Landes bewegt. Hier wäre seiner Meinung eine deutlichere Abkehr vom in der Vergangenheit praktizierten Vorgehen angezeigt gewesen.

Binnen- und Außendifferenzierung
Mit dem neuen Schulgesetz werden die Grenzen zwischen Gemeinschafts- und Regionalschule fließender. So wird es den Gemeinschaftsschulen ermöglicht, künftig auch eine Außendifferenzierung vorzunehmen. Allerdings wird auch die starre Außendifferenzierung an den Regionalschulen ab der Klassenstufe 7 aufgehoben, binnendifferenzierende Angebote werden möglich.

Erstaunlich, dass die Befürworter des Prinzips der Binnendifferenzierung so wenig Vertrauen in die Kompetenz von Lehrern, Eltern und Schülern vor Ort sowie die von ihnen beschworene sachliche Überlegenheit der Binnendifferenzierung haben. Dass die Schulen künftig wieder mehr trennen anstatt gemeinsam unterrichten sollen, ist ja gar nicht der Fall. Vielmehr dürfen die Schulkonferenzen über die Ausgestaltung der Differenzierung nach den Gegebenheiten vor Ort entscheiden. Sie müssen aber keinesfalls. Und es ist nicht davon auszugehen, dass die Schulkonferenzen das gegen den erklärten Willen der Betroffenen entscheiden werden. Und schon gar nicht, wenn die Befürworter der Binnendifferenzierung dabei mit starken Argumenten punkten können.

G8 und G9
Sachliche Gründe für die Einrichtung von G8 an den Gymnasium, die einer fachlichen Debatte standhalten, existieren nicht. Allenfalls lassen sich ideologisch motivierte Begründungen finden, man wolle die Verschlechterung der Unterrichtssituation an Gymnasien nutzen, um die Gemeinschaftsschule attraktiver zu gestalten. Nach Ansicht des Autoren wäre es im Sinne der Qualität der Bildung weitaus sinnvoller, sich Gedanken darüber zu machen, wie man die Gemeinschaftsschulen stärken kann, anstatt auf eine Schwächung der Gymnasien auf dem Rücken der Schüler hinzuarbeiten.

Erstaunen kann jedoch die Tatsache, dass sich bei allen Problemen mit der Umsetzung von G8 keine politische Mehrheit für die Abschaffung dieses bildungspolitischen Fehlgriffs zu geben scheint. Dieses Erstaunen wird umso größer, wenn man erkennt, dass absehbar auf die Schulträger Kosten für Mensen zukommen, die aus einer Ausweitung des Unterrichts in den Nachmittag resultieren. Das Geld dafür dürfte vor Ort schwerlich vorhanden sein. Darüber hinaus sind Bestrebungen, den Lehrplan nennenswert zu entschlacken, ebenfalls nicht wahrnehmbar.

In dieser Situation scheint es sinnvoll, zumindest an den Schulen, an denen nach Meinung der Mehrheit in der Schulkonferenz Bedarf daran besteht, das Abitur in neun Jahren oder alternativ in acht oder neun Jahren (Y-Modell) anzubieten, diese Möglichkeit zu bieten. Genau dafür bietet das Schulgesetz künftig die Möglichkeit. Kein Gymnasium muss ein anderes Angebot als G8 vorhalten. Wenn aber Lehrer, Schüler und Eltern das mehrheitlich befürworten, dann können sie das bald in basisdemokratischer Entscheidung umsetzen.

Es bleibt zu erwähnen, dass G8 von den Jugendorganisationen der meisten Parteien in Schleswig-Holstein abgelehnt wird. Aus gutem Grund übrigens. (Dem Autor ist lediglich eine abweichende Haltung der Jungen Union bekannt.)

Schullastenausgleich / Schulsozialarbeit
Mit der Berechnung des Schullastenausgleich auf Basis tatsächlich anfallender Kosten für den Schulträger wird der Kostenausgleich deutlich sachgerechter und fairer. Da künftig Schulträger nicht auf den Kosten eines besonders guten Angebots allein sitzen bleiben, sondern sich die entsendenden Gemeinden anteilig beteiligen müssen, werden die Belastungen für den Schulträger geringer. Mit der gerechteren Verteilung der Kosten werden Entscheidungen für ein besseres Angebot des Schulträgers leichter durchsetzbar.

Bedauerlich ist allerdings, dass dabei bestimmte Kostenfaktoren nicht Gegenstand der Berechnung sind. Dieses betrifft vor allem den Aufwand für Schulsozialarbeit oder ergänzende Angebote wie die Pädagogische Insel. Auch hier profitieren die auswärtigen Schüler von den Ausgaben des Schulträgers. Eine Nachbesserung wäre deshalb dringend angeraten. Auf dem Landesparteitag der FDP Schleswig-Holstein am vergangenen Samstag hat der Autor sich erklären lassen, dass nach Auffassung des Bildungsministers und seiner Mitarbeiter die Kosten für die Schulsozialarbeit und vergleichbare Leistungen ebenfalls Bestandteil der Kostenberechnung sind. Damit wäre ein weiterer Kritikpunkt am Schulgesetz hinfällig. Es wäre allerdings schön gewesen, wenn auch der Nichtjurist diese Aussage unmittelbar dem Gesetzestext hätte entnehmen können.

Nicht über das Schulgesetz geregelte Aspekte

Zurückstellung von Kindern
Auch künftig werden Schüler, die früher als noch nicht schulfähig eingestuft wurden, unabhängig von ihrer Leistungsfähigkeit eingeschult. Es bleibt fraglich, ob es für diese Kinder besser ist, die ersten beiden Schuljahre in drei Jahren zu durchlaufen oder noch ein Jahr bis zur Einschulung zu warten. Ebenso diskussionswürdig ist, ob die Grundschulen für diese Aufgabe optimal ausgestattet sind. Auch mit dem neuen Schulgesetz wird den Eltern weiterhin nicht die Möglichkeit gegeben, die für ihre Kinder beste Lösung zu finden. An dieser Stelle hätte das Schulgesetz unbedingt nachgebessert werden müssen.

Jahrgangsübergreifendes Lernen (JÜL)
Das jahrgangsübergreifende Lernen kann durchaus eine lohnenswerte Idee für die Schulen sein. Voraussetzung ist allerdings die Akzeptanz bei Lehrern und Eltern sowie die Erarbeitung einer entsprechend allgemeinen getragenen Konzeption für die jeweilige Schule. Es war falsch, JÜL in der Vergangenheit mittels Zwang an den Schulen einführen zu wollen. Auch hier schafft die Landesregierung mit der Freiwilligkeit bei der Anwendung von JÜL einen Befreiungsschlag. Der Autor ist der festen Überzeugung, dass die besten Ergebnisse in der Bildung dann erzielt werden, wenn Eltern, Schüler und Lehrer von einer gemeinsamen Idee überzeugt sind und diese dann umsetzen. Insofern steht auch künftig der Einführung von JÜL nichts im Wege, wenn die Beteiligten davon überzeugt sind – oder es werden.

Profiloberstufe
Bezüglich der Profiloberstufen ist kein wirklicher Befreiungsschlag gelungen. Die Profiloberstufe ist unflexibel, belastend und erlaubt vielen Schülern nicht, ihre wirklichen Stärken auszuspielen. Sie wird von einer Mehrheit der Schüler und dem Gros der Jugendorganisationen ähnlich wie G8 abgelehnt. Und wie dort scheint auch eine politische Mehrheit für die Abschaffung dieses Monstrums und die Wiedereinführung des Kurssystems nicht in Sicht. Momentan sieht es so aus, als ob die jetzt vorgenommene Aufweichung der Profiloberstufe einfach das Maximum dessen sei, was überhaupt erreichbar ist.

Lehrermangel
Zum Lehrermangel sagte der heutige Bildungsminister Dr. Ekkehard Klug als damaliger bildungspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion im Jahre 2008 folgendes:

Die Unterrichtsversorgung bleibt noch für viele Jahre ein brennendes Thema. Auf den ersten Blick erscheint die Anzahl zusätzlicher Stellen, die für den kommenden Doppelhaushalt von der Landesregierung angekündigt worden sind, beeindruckend.
Fakt ist aber, dass davon herzlich wenig zur tatsächlichen Verbesserung des Unterrichtsangebots bei den Schülern ankommen wird. Das Auslaufen der Vorgriffsstunde „kostet“ schon im nächsten Schuljahr faktisch Unterrichtsstunden im Gegenwert von 175 Stellen. Die „Rückzahlung“ der Vorgriffsstunde wird im darauffolgenden Schuljahr weitere 420 Stellen „absorbieren“, ohne dass dadurch für die Schüler eine einzige zusätzliche Stunde zur Verfügung steht. Und dann folgt die versprochene einheitliche Lehrverpflichtung für Lehrer an Gemeinschafts- und Regionalschulen – Kostenpunkt: noch einmal 300 Stellen.

Schaut man in die Vorschläge der HaushaltsStrukturKommission, so werden 180 Stellen zusätzlich für die Gymnasien geschaffen (S. 24), um „die bisherige Benachteiligung dieser Schulform durch Vorgängerregierungen“ zu beheben. Das darf man durchaus als positiv bewerten. Allerdings findet sich auf Seite 11 der folgenden Passus:

Parallel zur demographischen Entwicklung der Schülerzahlen wird die Zahl der Lehrerstellen sowie der Anwärter und Referendare abgesenkt. Die Anpassung der Unterrichtsverpflichtung an die durchschnittliche Lehrverpflichtung der anderen Länder führt ab 2010 zu einer deutlichen Erhöhung der Zahl der Unterrichtsstunden. Sie entspricht nach Abzug der Altersermäßigung rechnerisch 450 Lehrerstellen.

Dieses passt nicht wirklich als Reaktion auf die 2008 von Klug zurecht als dramatisch beschriebene Situation der Lehrerversorgung an den Schulen.

Vorgriffsstunden
Die im vorigen Absatz angeführte „Anpassung der Unterrichtsverpflichtung an die durchschnittliche Lehrverpflichtung der anderen Länder“ bedeutet faktisch, dass die Lehrer in Schleswig-Holstein in der Regel länger arbeiten müssen. Die Notwendigkeit hierfür lässt sich angesichts der besorgniserregenden finanziellen Lage des Landes nicht von der Hand weisen. Da teilweise die Pflichtstunden angehoben werden, wird in einigen Fällen die Rückzahlung dadurch von Vorgriffsstunden konterkariert. Bei den von Mehrarbeit oder unterbleibender Arbeitszeitreduzierung betroffenen Lehrkräften ist der Ärger verständlich. Zumindest hinsichtlich der unterbliebenen Rückvergütung der Vorgriffsstunden müsste dieser Ärger allerdings gerechterweise die Verantwortlichen der Vorgängerregierungen treffen, welche mit diesem Taschenspielertrick Kosten in die Zukunft verlagert haben – in eine Zeit, in der sie selbst absehbar nicht mehr in Verantwortung sein würden.

Finanzierung freier Schulen
Die Regelungen zur Finanzierung der freien Schulen sind aus Sicht des Autoren ausdrücklich zu kritisieren. Anstatt die Schulen in freier Trägerschaft denen in staatlicher Verantwortung gleichzustellen, werden die privaten Schulen einander wieder einigermaßen angeglichen – auf dem niedrigsten Level. Diese bildungspolitische Fehlentscheidung war dem Landesblog bereits einen eigenen Artikel wert.

Schulbauförderung
Auch die neue Landesregierung findet weder die politische noch die finanzielle Kraft in die Schulbauförderung neu einzusteigen. Das war ehrlicherweise nicht anders zu erwarten. Im Gegensatz zur vorherigen sogenannten „Großen Koalition“ hat sie bisher allerdings auch keine Maßnahmen beschlossen, die den Schulträgern weitere Schulbaumaßnahmen aufzwingen.

Fazit
Mit den angestrebten Änderungen zum Schulgesetz selbst hat die Landesregierung einen guten Entwurf vorgelegt, der sowohl dem notwendigen Änderungsbedarf als auch dem Reformverdruss an den Schulen Rechnung trägt. Hier besteht keinerlei Anlass zur Hysterie oder zur künstlichen Aufregung, die momentan von der Opposition geschürt wird. Diese ist für den Bildungsminister umso bitterer, weil er selbst in der Opposition bei aller harten Kritik in der Sache meist auf billige Polemik zugunsten sachlicher Kritik verzichtet hat.

Die Änderungen am Schulgesetz bedeuten vor allem eine Beendigung der staatlichen Zwangsbeglückung von Lehrern, Schülern und Eltern. Stattdessen werden Entscheidungskompetenzen an die Schulkonferenzen zurück delegiert. Dabei ist es einigermaßen bezeichnend, dass gerade die Grünen hier gegen diese basisdemokratischen Möglichkeiten zu Felde ziehen, die früher einmal das Wesen der Partei ausmachten. Ein wenig verwundert reibt man sich auch die Augen, dass die Landeselternvertretung der Gemeinschaftsschulen dafür streitet, ihren Elternvertretern diese Kompetenzen auf keinen Fall zuzubilligen. Hier scheint wenig Vertrauen in die Kraft der Argumente für die eigenen Ansichten und die Kompetenz der Elternvertreter vor Ort vorzuherrschen. Als betroffener Elternvertreter würde zumindest der Autor diesen Versuch der Entmündigung durch die eigene Landesspitze nicht widerspruchslos hinnehmen.

Deutlich verbesserungswürdig ist das Auftreten und die Öffentlichkeitsarbeit von Bildungsminister Ekkehard Klug und Stab. Es reicht nicht, einen guten Gesetzentwurf nur vorzulegen, sondern man muss diesen auch offensiv vertreten. Schüler, Eltern und Lehrer haben einen Anspruch darauf, überzeugt und – ganz neudeutsch – mitgenommen zu werden.

Als kritikwürdig sind hier einige Aspekte angeführt worden, die nicht direkt über das Schulgesetz geregelt werden. Diese sollten durchaus Gegenstand einer bildungspolitischen Debatte sein. Allerdings ist auch klar erkennbar: Der größte Teil der Kritik an der Bildungspolitik der Landesregierung wird in einer Art und Weise geführt, der ganz klar aufzeigt, dass kein Schulfrieden in Form eines Kompromisses gesucht wird, mit dem der größte Teil der Bevölkerung gut leben könnte. Schulfrieden soll es nach Ansicht des Großteils der Gegner der aktuellen Bildungspolitik nur geben, wenn die eigenen Ansichten zu 100 Prozent durchgesetzt werden. Ob das die richtige Haltung in diesem wichtigen demokratischen Diskurs ist, darf stark bezweifelt werden.

Generell bleibt das Problem der Bildungspolitik weniger die ideologisch geprägte Strukturdebatte. Unabhängig von der Auseinandersetzung über die vorgeblich richtige Schulform leidet die Bildung seit Jahrzehnten vor allem an chronischer Unterfinanzierung, um all die gewollten Projekte sachgerecht durchzusetzen. Diese Unterfinanzierung wird auch von der aktuellen Landesregierung nicht behoben. Aber immerhin hat sie darauf verzichtet, mit tollen neuen Ideen und Projekten die Problematik der Unterfinanzierung weiter zu verschärfen. Das ist zu begrüßen.

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