Als Schleswig-Holsteiner mit einer Affinität zu Twitter ist man einiges an Spaß und Unterhaltung gewohnt. Das ist auch dieses Mal garantiert, wenn wir die Auseinandersetzung zwischen den Landtagsabgeordneten Jens-Christian Magnussen (CDU) aus Brunsbüttel und Rasmus Andresen (Bündnis 90/Die Grünen) aus Flensburg betrachten. Worum es dabei geht, erklärt das Landesblog mit einer Art Twitter-Fotoroman. Hier sind sie – die schleswig-holsteinischen Twitter-Depeschen.
So wie jeder anständige Mohammedaner nach Mekka muss, pilgern ordentliche Atomkraftgegner mindestens einmal im Leben nach Gorleben. Auch in diesem Jahr war es wieder einmal soweit, die regelmäßige Haddsch wurde zusätzlich befeuert durch die Aufkündigung des Atomkompromisses jener über die Maßen beliebten und respektierten Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel in Berlin.
Und wie jede Wahl in den Unrechtsregimen dieser Welt von Wahlbeobachtern begleitet wird, werden natürlich auch Demos in Deutschland auf ihren ordnungsgemäßen Ablauf hin überprüft. Nach den Vorfällen in Stuttgart bestand in diesem Jahr ein besonders starker Bedarf am Einsatz des Demo-TÜV – hierzulande exklusiv vergeben an Bündnis 90/Die Grünen. Und so machte sich der Landtagsabgeordnete Rasmus Andresen auf den Weg, die Vorgänge im Wendland aufmerksam und neutral zu verfolgen.
Schon bei der Anreise beginnen die Probleme:
Doch schon kurze Zeit später gelingt es Andresen, den Bus aus Flensburg doch noch zu erreichen und der Fahrt ins Wendland scheint nichts mehr im Wege zu stehen, bis – ja, bis:
Das gibt definitiv die ersten Minuspunkte für die Polizei bei Stiftung Demotest. „Fies“ – das geht natürlich gar nicht. Davon überhaupt nicht entmutigt, freut sich der junge Landtagsabgeordnete nach der Zielankunft dennoch schon auf den kommenden Tag, der seiner Ansicht nach einigen Frohsinn verspricht:
Am nächsten Morgen startet dann der Einsatz. Der Tagesbefehl ist die Prüfung, ob ordentlich geschottert und anständig geräumt wird:
Auf dem Weg zum Einsatz werden lustige Fahrrad-Demonstranten passiert:
Doch dann das nächste Missgeschick: In der Eile des Vortages wurde nicht nur beinahe der Bus verpasst – nein, auch die nötigen Ausweisdokumente scheinen zu fehlen. Wer statt des Dienstausweises von der Stiftung Demotest nur den Abgeordnetenausweis und einen Presseausweis – woher eigentlich? – dabei hat, den lässt die Staatsmacht natürlich nicht an den Ort des Geschehens. Dann muss spontan neu geplant werden:
Unbeeindruckt von solcherlei Widrigkeiten kämpft sich Andresen bis zur Schiene durch, die er schließlich mit weiteren Kollegen des Prüfteams erreicht:
Kritische Fragen anderer Twitterer werden noch mitten im Einsatz en passant beantwortet, beispielsweise die Nachfrage eines Herrn aus Lübeck, der seine Tweets nicht für die breite Öffentlichkeit freigeschaltet hat: „Was genau habt ihr eigentlich an den Schienen zu suchen?“ Prompt wird mit dem Tagesbefehl geantwortet:
Damit nähert sich auch dieser harte Arbeitstag dann so langsam seinem Ende:
Wer nun allerdings denkt, die Mitarbeiter von Stiftung Demotest würden weich gebettet nächtigen, sieht sich schnell eines besseren belehrt. Hart und kalt wird’s, denn kurzfristig wird noch ein Nachteinsatz angeordnet:
Und dann wird auch schon geräumt. Gut, dass die Demobeobachter noch einmal ausgerückt sind. Zunächst bleibt die Räumung friedlich:
Aber dann finden wilde „Umlenkungen“ statt. Gut, dass das alles beobachtet und festgehalten wird. Nichts bleibt den Beobachtern verborgen:
Solch ein Frevel darf natürlich nicht ungeahndet bleiben. Die Strafe folgt auf dem Fuße:
Einige Blockaden später geht es dann zurück nach Kiel. Andresen ist mit seiner Aufgabenerfüllung und der Demo im Reinen:
Alles scheint gut. Nun ist es – wie oben beschrieben – ja so, dass Bündnis 90/Die Grünen in unserem Staatswesen die Aufgabe des Demo-TÜV zugeordnet bekommen haben. Aber auch andere Parteien haben ihre festen Aufgaben. So ist der CDU – Nobody expects the Spanish Inquisition! – die Aufgabe der inneren Revision zugeordnet. Sie prüft also, ob die anderen Funktionseinheiten ihre Aufgabe auch ordnungsgemäß durchgeführt haben. In diesem Fall hatte der Abgeordnete Magnussen die Aufgabe, das Handeln des Abgeordneten Rasmussen intensivst zu prüfen. Und dabei gelangt er zu folgendem Schluss:
Wenn die Grünen gegen etwas sind, ist ihnen bekanntlich jede juristische Argumentation Recht, solange sie damit in die Zeitung kommen. Ich erinnere nur an die bitteren Klagen von Rasmus Andresen darüber, dass er „trotz Presse- und Abgeordnetenausweis“ nicht zum Castor-Schottern durchkam.
Eine derart schlechte Einstellung zur Erledigung seiner Aufgaben wollte wiederum der Abgeordnete Rasmussen nicht auf sich sitzen lassen. Schließlich hatte er seine Tätigkeiten ja ausführlich so dokumentiert, wie das Landesblog sie jetzt auch in seiner Berichterstattung dargestellt hat – sogar noch um einiges ausführlicher. Also klagte er bitterlich:
Auf die Frage, welche Straftat der Abgeordnete Magnussen ihm konkret vorwerfe, antwortet Rasmus Andresen umgehend:
Schon einige Momente später scheint ihm allerdings zu dämmern, dass dieser Vorwurf so richtig nicht haltbar ist:
Und dann muss er seinen Frust über den vermeintlichen Vorwurf einer Straftat – äh, nee! – einer versuchten Straftat mit der Veröffentlichung einer Pressemitteilung lindern:
Verwundert nehme ich die Vorwürfe des Kollegen Magnussen zur Kenntnis, dass ich meinen Abgeordnetenstatus im Wendland ausnutzen wollte um rechtswidrig Steine aus dem Gleisbett zu entfernen, kurz: zu „Schottern“.
Diese Vorwürfe sind völlig aus der Luft gegriffen und Kollege Magnussen wird es schwer fallen, sie mit Fakten zu unterfüttern.
Nun hatte der „Kollege Magnussen“ das eigentlich so ja gar nicht behauptet, es lediglich so formuliert, dass man es so verstehen könnte – wenn man denn wollte. Aber egal, man darf auch gar nicht aufgestellten Behauptungen widersprechen. Und weil ja zwei Pressemitteilungen zu diesem wichtigen Thema auf keinen Fall ausreichend sind, legte dann der Abgeordnete Magnussen ebenfalls per Presseverteiler noch einmal nach:
Aufgrund der Presseerklärung des Grünen Abgeordneten Rasmus Andresen verweist der CDU-Landtagsabgeordnete Jens-Christian Magnussen auf dessen im Internet einsehbare Twitter-Seite. Dort heißt es am
Sonntag, 07. November 2010, 10:33:46: „Probieren noch zum Schottern zu kommen“
Sonntag, 07. November 2010, 11:33:25: „Kommen trotz Presse- und Abgeordnetenausweise mit Auto nicht näher an Schotterer. Umdisponieren!“Magnussen: „Dies sollte als Beleg für die Aussage in meiner Presseerklärung, Kollege Andresen habe beklagt, dass er „trotz Presse- und Abgeordnetenausweis“ nicht zum Castor-Schottern durchkam“ ausreichen. Ich erhebe keine aus der Luft gegriffenen Vorwürfe, ich zitiere seine Twitter-Seite.“
Auch wenn die Vorwürfe nicht aus der Luft gegriffen sind, die Verwendung der Anführungszeichen ist es mit Sicherheit.
Und welche Erkenntnis bleibt dem geneigten Leser des Landesblogs? Nun, Politik kann so unterhaltsam sein, wenn man sich selbst und irgendwelche Randthemen nur wichtig genug nimmt. Da wir nun alle wissen, dass von unseren Abgeordneten im Schleswig-Holsteinischen Landtag wirklich auch die entlegensten Winkel des politischen Geschäfts akribisch ausgeleuchtet werden und nichts unkommentiert oder gar unbeachtet bleibt, können wir ganz in Ruhe eine besinnliche Weihnachtszeit genießen. Für uns ist gesorgt und alles wird gut!
Frohe Weihnachten.
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