Aug 232013
 

Die WELT berichtet über die Sendung von Maybrit Illner von gestern zur Lage in Ägypten. Da beschreibt der Reiseleiter Mazen Okasha seine Sicht auf die Situation folgendermaßen:

Das Vorgehen gegen die Muslimbruderschaft stuft Okasha als „faschistisch“ ein. Auch die vorläufige Haftentlassung von Husni Mubarak erzürnt ihn. „Der Präsident, den wir bekämpft haben, wird freigelassen. Und der Präsident, den wir gewählt haben, wurde vom Militär entführt“, beschreibt er die aus seiner Sicht absurde Situation.

Das deckt sich mit meiner Bewertung, auch wenn ich die aus großer Ferne vornehmen muss. Der von mir sehr geschätzte Hamed Abdel-Samad ist vermutlich zwar deutlich dichter als ich am Geschehen dran, dennoch kann ich diese, seine Einschätzung nicht nachvollziehen

„Nein, das war kein Militärputsch“, sagte er. „Die Menschen sind auf die Plätze und auf die Straßen gegangen, um die Diktatur der Muslimbrüder zu beenden.“

Das mag ja so stimmen. Aber danach hat das Militär die Regierung (wie legitimiert auch immer die gewesen sein mag) weggeputscht. Ich habe das für richtig gehalten. Aber Putsch bleibt dennoch eben einfach Putsch.

Die Aussage von Peter Scholl-Latour hingegen ist der Hammer:

„Die Muslimbrüder sind keine Terroristen“, attestierte Scholl-Latour.

Natürlich sind nicht alle Muslimbrüder Terroristen. Geschenkt. Aber diese Bande fördert Terror und Mord, und die Ausführenden stehen ihnen nahe oder gehören der Bande direkt an. Es ist gut, dass sie von der Macht entfernt wurden. Hier liegt Abdel-Samad für mich dann auch wieder richtig:

Laut Hamed Abdel-Samad haben die Muslimbrüder die Grenze zum Terrorismus längst überschritten. Der militante Flügel der Partei sei verantwortlich für die Zerstörung christlicher Kirchen und die Abschlachtung von mindestens hundert Polizisten, sagte er.

Wie nahe Peter Scholl-Latour allerdings inzwischen der Demenz gekommen ist, zeigt der folgende Satz:

Seiner These, dass „das einzige arabische Land mit einem Minimum an Demokratie“ der Iran sei, wollte dann aber niemand folgen.

Lassen wir den Unsinn mit der Demokratie einmal weg. Vielleicht ist der Herr ja mit Günter Grass befreundet und muss deshalb so etwas sagen. Aber ein Nahost-„Experte“, der den Iran als „arabisches Land“ bezeichnet, hat sich schon disqualifiziert:

Außerhalb des Orients sehr verbreitet ist die Bezeichnung „Araber“ auch für die Völker Irans, Pakistans, Afghanistans und Tadschikistans. Diese Bezeichnung ist jedoch falsch, da sich die Perser sowohl durch Sprache, Sitten und Gebräuche (iranischer Kulturkreis), Religionen, Politik, Ethnie und Lebensraum von den Arabern unterscheiden.
[…]
Im heutigen Iran macht der Anteil der Araber an der Bevölkerung ca. drei Prozent aus.

Disclaimer: Ich habe die Sendung – wie fast immer – nicht gesehen. Stattdessen beziehe ich mich auf den verlinkten Artikel der WELT. Und auf dieser Grundlage bin ich froh, dass ich mir die Sendung nicht angetan habe. Peter Scholl-Latours Hilferuf: „Hilfe, ich bin verwirrt! Schickt mich endlich aufs Altenteil!“ habe ich allerdings über die Presseberichterstattung lautstark vernommen.

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